Im folgenden dokumentieren wir ein Interview mit Peter Birke zum Thema Organizing, das in der Zeitschrift express erschienen ist. Ein Gespräch von Bart van der Steen mit Peter Birke über »Die große Wut und die kleinen Schritte«
Vor einigen Wochen ist das Buch des Hamburger Aktivisten und Wissenschaftlers Peter Birke über Organizing in Deutschland und in den USA erschienen. [1] Auch wenn sich das Buch gegen die Mythen und Legenden, die sich um das Konzept formiert haben, quer stellt, ist es kein durchweg negatives Buch: ›Mir geht es vor allem darum auszuloten, wo und inwiefern in Organizing-Projekten bislang wichtige Erfahrungen gemacht worden sind, die für eine kollektive Organisierung im betrieblichen Alltag bedeutend sind und aufgehoben werden sollten‹. Bart van der Steen* diskutiert mit Peter Birke über Voraussetzungen und Unterschiede zwischen verschiedenen Organizing-Ansätzen, die Frage nach der »Übersetzbarkeit« von Handlungskonzepten und nicht zuletzt darüber, was passiert, wenn die ›Poliere der Gewerkschaftsreform‹, die Organizer wieder weg sind …
Bart van der Steen: Es freut mich, dass Dein Buch aus dem Rahmen des Üblichen fällt und sich darin einige neue Einsichten finden. Eine davon ist, dass Organizing keine Universal-Antwort auf die Krise der Gewerkschaftsbewegung ist. Warum nicht?
Peter Birke: Das ist schon deshalb so, weil die verschiedenen Krisen der internationalen Gewerkschaftsbewegung zu unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Voraussetzungen begonnen haben. Organizing ist ein angelsächsisches Konzept und stammt aus den 1980er-Jahren, also aus der Zeit, in der die Gewerkschaften in England und den USA unter Thatcher und Reagan erheblich an Einfluss verloren. Der Fluglotsenstreik in den USA 1981, den die damalige Regierung nutzte, um die Handlungsmacht der dortigen Gewerkschaften zu zerschlagen, sowie der verlorene Bergarbeiterstreik in England 1984 waren wichtige Umbruchpunkte. Die Gewerkschaften wurden seitdem nicht mehr als Sozialpartner gesehen, sondern als Hindernisse für die Entwicklung der freien Marktwirtschaft, die beseitigt werden sollten.
Organizing in der Bundesrepublik ist dagegen eine Antwort auf die Mitgliederverluste der DGB-Gewerk-schaften seit 1990 und auf den schwindenden institutionellen Einfluss der Einzelgewerkschaften, insbesondere seit Anfang des letzten Jahrzehnts. Seit 1990 haben die DGB-Gewerkschaften insgesamt fast die Hälfte ihrer Mitglieder, das heißt sechs Millionen Menschen verloren. Ein wichtiges Zeichen dafür, dass auch der institutionelle Einfluss schrumpfte, war die Niederlage im ostdeutschen Metallarbeiterstreik von 2003, als die Unternehmer den historischen Arbeitszeitkompromiss der 1980er- und 1990er-Jahre – Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei gleichzeitiger Erhöhung der »Flexibilität« der Beschäftigten – einseitig aufkündigten. Gleichzeitig geriet auch die »Standortpolitik« – also das Aushandeln von so genannten Arbeitsplatzgarantien gegen teilweise einschneidende Zugeständnisse der Beschäftigten – in eine Krise. Im Unterschied zu einigen angelsächsischen Gewerkschaften haben die meisten DGB-Gewerkschaften erst seitdem begonnen, sich breiter und ernsthafter mit neuen Formen einer aktiven Betriebspolitik zu befassen. Dass etwas passieren muss, hat also vor allem mit diesen dramatischen Veränderungen und Einbrüchen und der offensichtlichen Ohnmacht der traditionellen Gewerkschaftspolitik zu tun.
Bart van der Steen: Und dieses ›Etwas‹ ist Organizing. In progressiven Kreisen hat das Konzept ein hohes Ansehen, und es sind auch einige spektakuläre Erfolge nachzuweisen. Kannst Du erläutern, welche Vorbehalte Du gegen das Konzept hast?
Peter Birke: Vielleicht wird mein Buch von einer Minderheit von Leuten so gelesen, aber so ist das gar nicht gemeint. Das Konzept Organizing ist innerhalb der Bundesrepublik oft eher unkritisch beschrieben worden. Organizing – das klingt oft wie ein Zaubertrank, und manche Gewerkschaftsbosse gerieren sich auch gerne mal wie Miraculix. Aber was kann dieser Zaubertrank bewirken, welche überraschenden Nebenwirkungen gibt es? Es ist wichtig, das zu fragen. Das zeigt zum Beispiel die gegenwärtige Krise in der US-amerikani-schen Gewerkschaft SEIU (Service Employees International Union). Es war ja gerade diese Gewerkschaft, die das Konzept Organizing international verbreitet hat. Eigentlich in allen gewerkschaftsnahen Texten in der Bundesrepublik wurde sich stets positiv auf die großen Erfolge – gemeint waren vor allem Mitgliedergewinne – dieser Gewerkschaft bezogen, und noch heute spielt sie in der Kooperation mit ver.di und der IG Metall eine zentrale Rolle. Aber von Anfang an – und das ist immerhin seit etwa zwanzig Jahren – gab es auch in der SEIU einen Konflikt innerhalb der Organizing-Politik, in dem es im Prinzip darum ging, ob die »aktiven« KollegInnen vor Ort oder die Zentrale in Washington DC die Kontrolle über die Organisierung und die Verhandlungen mit den Unternehmern behalten. Mittlerweile hat dieser Konflikt dramatische Formen angenommen und sogar zu einer Abspaltung der sehr starken Gruppe der GesundheitsarbeiterInnen in Kalifornien geführt. (S. dazu express 4 und 5/2009 sowie express 11/2009)
Bart van der Steen: Organizing führt also nicht unbedingt zu einer einheitlichen und starken Gewerkschaft. Aber können diese Erfahrungen – außer im Allgemeinen, denn Gewerkschaften sind natürlich immer umkämpft – auf die bundesdeutschen Verhältnisse bezogen werden?
Peter Birke: Ich habe schon kurz angedeutet, dass die »Übersetzung« nicht so einfach ist, weil Organizing in der Bundesrepublik erst in verhältnismäßig geringem Umfang betrieben wird. Es ist zwar ein wachsender Bereich – die IG Metall hat ein neues Projekt begonnen, auch in der NGG und der IG BAU gibt es schon länger Bemühungen, und in der Bildungsarbeit soll das Konzept – so wie bei ver.di – systematisiert und bes-ser verankert werden. Trotzdem: es bleibt experimentell, und es ist in nächster Zeit sicher nicht zu erwarten, dass die Mehrheit der hauptamtlichen Beschäftigten Organizer sind, wie dies in einigen US-Gewerkschaften der Fall ist.
Trotzdem sind die Widersprüche – wer kontrolliert eigentlich das, was Gewerkschaften vor Ort sind, repräsentieren, erkämpfen können? – natürlich auch in der Bundesrepublik bedeutend. Insofern wäre es wünschenswert, wenn es unter Organizern, Gewerkschaftslinken, der außerbetrieblichen Linken und in den sozialen Bewegungen eine Auseinandersetzung über Erfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen geben würde. Ich hoffe, dass mein Buch dazu einen kleinen Beitrag leisten kann. Wenn wir bei der Frage nach den Möglichkeiten bleiben: Ich denke, dass die Schlecker-Kampagne gezeigt hat, dass neue Formen der Gewerkschaftsarbeit gerade in Arbeitsverhältnissen, in denen es den kollektiven Zusammenhang der traditionellen Fabrik so nicht gibt, sehr wirksam sein können. Aber Schlecker war (und ist) ein eigenständiger Ansatz gewesen, der vor allem auf Grundlage einer über viele Jahre entwickelten betrieblichen und lokalen Verankerung einiger Bezirke der Gewerkschaft HBV entstanden ist. Von »Organizing« hörten die Beteiligten erst später, als es in der Bundesrepublik »hip« wurde.
Schwieriger wird es schon, wenn Projekte sehr kurzfristig, diskontinuierlich und manchmal auch etwas schematisch agieren. Die Lidl-Kampagne war eine hervorragende und öffentlich sehr wirksame Aktivität, aber sie konnte nicht auf eine regionale Verankerung zurückgreifen, wie dies bei der Schlecker-Kampagne der Fall war. Im Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hamburg wurde versucht, die Erfahrungen der US-Dienstleistungsgewerkschaften in bundesdeutsche Verhältnisse zu übersetzen, was leider nicht immer so einfach möglich ist. In den Krankenhäusern in Göttingen und Hannover wurde auch auf eine etwas längerfristige Alltagsorganisierung gesetzt – etwas, das ich ganz bemerkenswert finde, was aber auch gewerkschaftsöffentlich nicht so stark ausstrahlt wie Projekte, die sich vor allem als Kampagnen verstehen.
Insgesamt kann man vielleicht sagen – ich schildere die Details ja im Buch –, dass viele der Projekte ganz wichtige Alltagserfahrungen und durchaus auch neue Netzwerke hervorgebracht haben, zugleich aber die Erwartungen daran, schnell »Mitglieder zu machen«, sich kaum erfüllt haben. Zur Nachhaltigkeit der entstandenen Initiativen in Bezug auf eine alltägliche Handlungsfähigkeit lässt sich ohnehin immer erst viel später etwas sagen, eigentlich erst dann, wenn die Organizer schon längst wieder aus den Betrieben verschwunden sind.
Bart van der Steen: Der Kern Deiner Kritik am Organizing scheint zu lauten: Organizing ist potenziell eine dynamische und ermächtigende Kampfweise, aber sie ist den Gewerkschaftsstrukturen untergeordnet, das heißt: ihrer Bürokratie, ihrer hierarchischen Vorgehensweise und ihrer Konsensorientiertheit.
Peter Birke: Naja, wir kennen alle die normale Vorgehensweise der Gewerkschaften. Da wird im Betrieb vor allem dann mobilisiert, wenn eine Tarifrunde bevorsteht. Um die Leute zu mobilisieren und dem Druck von unten entgegen zu kommen, werden mehr oder weniger überzeugende Forderungen propagiert. Manchmal ist schon vorher klar – übrigens oft, wie bei der letzten Tarifrunde im Öffentlichen Dienst, auch den AktivistInnen im Betrieb – dass es gar nicht darum geht, die Forderungen wirklich durchzusetzen. Dann gibt es Kundgebungen und Warnstreiks, aber schon dabei ist man vorsichtig, denn die Wut ist sehr groß, und man kann es sich nicht leisten, die Kontrolle zu verlieren; sonst werden die Gewerkschaften vom Arbeitgeber nicht als seriöse Verhandlungspartner akzeptiert.
Na gut, nach so einem halbherzigen Mobilisierungsversuch unterzeichnen die Gewerkschaften dann rasch einen Vertrag, der für die Beschäftigten oft eher unbefriedigend ist. Aber auch magere Abschlüsse, von denen jeder weiß, dass sie mager sind, werden dann als ein Riesenerfolg mit Plakaten, Flyern usw. verkauft.
So geht es seit Jahrzehnten. In der aktuellen Krise werden sich die daraus resultierende Resignation und vielleicht auch die daraus entstehenden Spannungen allerdings möglicherweise zuspitzen. Der Widerspruch zwischen Propaganda und Realität trägt nicht unwesentlich dazu bei, dass der Ruf der Gewerkschaften ramponiert ist, und die Organizer sind nicht selten damit beschäftigt, ihn aufzupolieren. Dabei ist es vor allem nötig, betriebliche Konflikte erfolgreich aufzugreifen und zur Selbstorganisation der KollegInnen beizutragen. Das geht aber nur so lange gut, bis es zu Fragen kommt, die einen Konflikt innerhalb der Gewerkschaften auslösen: die Politik mit und gegenüber LeiharbeiterInnen, Konflikte um Outsourcing, Forderungen nach einem existenzsichernden Lohn, hier steht alles mögliche auf dem Papier, de facto geht es allerdings der Mehrheit im Gewerkschaftsapparat noch immer meist, wie sich gerade in den letzten zwei Jahren gezeigt hat, um die Rettung der Kernbelegschaften und ihren Platz am grünen Tisch, in Verhandlungen mit Arbeitergebern und Regierung, die »parlamentarisch« und »ohne Druck von der Straße« geführt werden sollen.
Meines Erachtens ist das größte Problem von Organizing-Projekten, dass sie derzeit nur selten in der Lage sind, Konflikte, in denen es um die »hardware« der Gewerkschaftspolitik geht, so auszutragen, dass eine alternative Linie gegenüber der eben angedeuteten Politik wenigstens in einzelnen Betrieben oder Branchen deutlicher wird. Organizing ist ja bereits systematisch auf die Zuspitzung von betrieblichen Konflikten und die Entwicklung alltäglicher Handlungsfähigkeit ausgelegt. Das, was in diesem Rahmen entsteht, wird allerdings oft dadurch konterkariert, dass sich die Gewerkschaftspolitik insgesamt nicht ändert.
Dies ist im Grunde ein altes Problem der Gewerkschaftslinken, wir haben einen großen Fundus an Erfahrungen, manchmal immer noch viel lokales Vertrauen bei KollegInnen in einzelnen Betrieben und Branchen, sogar einige gute, autonome, betriebliche Netzwerke, aber wir haben wenig Einfluss auf die strategischen Entscheidungen und die Ausrichtung der Politik der Gewerkschaften insgesamt. Vorläufig kann man dies nur offen so sagen. Es hilft dabei wenig, wenn Organizing-Projekte nicht in der Lage sind, die eigenen Gren-zen transparent zu machen und stattdessen lieber – wie das leider nicht selten geschieht – in einer ähnlichen Weise ausschließlich über ihre großen Erfolge reden, wie das die Kolleginnen und Kollegen von den oben zitierten Verlautbarungen bereits gewohnt sind.
Bart van der Steen: Was meinst Du damit, dass Organizing in der Bundesrepublik – im Unterschied zu den USA – innerhalb der Gewerkschaften noch immer einen experimentellen, im Grunde randständigen, Charakter habe
Peter Birke: Zum ersten kostet Organizing viel Geld. Geld, das die Gewerkschaften eigentlich nicht haben. Innerhalb der Gewerkschaftsbürokratie gibt es also viel Streit über die Verwendung von – gerade durch die Mitgliederkrise – knappen Ressourcen. In der Folge gibt es bisher nur vergleichsweise kleine, befristete und experimentelle Organizing-Projekte. Die Erwartungen an das Organizing sind ganz hoch, aber man ist noch nicht bereit, viel Geld dafür bereit zu stellen.
Gleichzeitig erscheint aber das, was gemacht wird, vielen aktiven Kolleginnen und Kollegen im Betrieb als »Verschwendung«: Wenn »die« schon ein Organizing-Projekt für ein paar hunderttausend Euro anschieben, warum nicht bei mir im Fachbereich? Denn es brennt ja überall, überall brauchen die Aktiven Ressourcen, sind jeden Tag überfordert. Die Kommunikation mit gerade diesen – sehr weit verbreiteten – skeptischen AktivistInnen wird aber auch dadurch erschwert, dass Organizing manchmal als etwas ganz Neues dargestellt wird, eine Art tolle Erfindung, was der Tatsache nicht gerecht wird, dass es vor Ort immer schon einen wie erwähnt großen Fundus mit guten und schlechten Erfahrungen in betrieblichen Konflikten gibt. Bei einigen AktivistInnen wirkt das so, als ob ihnen mal gezeigt werden soll, wie sie richtig Betriebsarbeit machen, dass sie also bisher alles falsch gemacht haben.
Diese Spannung zu reduzieren, ist ein Anliegen einiger Projekte gewesen. So hat Organizing in den Krankenhäusern in Niedersachsen mit dem Versuch einer Einbindung von Vertrauensleuten und Personalräten begonnen. Dort ist aus vorhergegangenen schlechten Erfahrungen also durchaus gelernt worden. Trotzdem bleibt es eine prekäre Situation, denn um so etwas wie eine lokale, alltägliche Verortung zu gewinnen und die vorhandenen Erfahrungen nicht nur zu respektieren, sondern auch in eine gute Zusammenarbeit einzubinden, braucht es enorm viel Zeit und Geduld, wobei beides vielleicht bei prekären Beschäftigungsverhältnissen noch wichtiger ist als in einem Betrieb, in dem es klare Ordnungen und Bezugspunkte gibt. Im »Plan-to-Win«, also den Strategiekonzepten, die einer Organizing-Kampagne zugrundeliegen, ist diese Zeit und Geduld jedoch meistens nicht oder nur unzureichend eingeplant …
Bart van der Steen: Wenn man sich all diese Probleme und Vorbehalte anschaut, was könnten die Organizer dennoch bewirken?
Peter Birke: Aus meiner Sicht ist es unter anderem wichtig, dass im Organizing Leute einen Raum betreten, die mit einem externen Blick die Verhältnisse anschauen können, Leute, die außerdem systematisch arbeiten, die Machtverhältnisse im Betrieb untersuchen, einen Begriff von der betrieblichen und überbetrieblichen Ökonomie haben, eine Vorstellung davon, wie wichtig die Artikulation von latenten Konflikten für Arbeitskämpfe ist oder wie sich Netzwerke aufbauen und vielleicht verstetigen lassen. In der radikalen Linken wird diese externe »untersuchende« Perspektive manchmal abgewertet, weil sie nicht innerhalb der »Basis« selbst entstanden sei. Das ist m.E. eine romantische und unhaltbare Vorstellung davon, wie die betriebliche »Basis« heute strukturiert ist. Prekarisierung heißt ja auch, dass eine ständige Neuzusammensetzung der Beschäftigten stattfindet, dass ständig »neue« KollegInnen hinzukommen, oft mit befristeten Verträgen und meistens zu schlechteren Bedingungen.
Organizing kann einer von mehreren, vielleicht sogar von vielen Ansatzpunkten sein, einen Bezugspunkt zu schaffen, der Widerstand im Alltag überhaupt denkbar macht, Konfliktpunkte zu suchen, die denen, die die Situation schon sehr lange kennen und an ihr schon öfters verzweifelt sind, vielleicht gar nicht mehr auffallen. Ich habe diesen Effekt, der durch »externe«, solidarische und eingreifende Untersuchungen hervorgebracht werden kann, in meinem Buch am Beispiel des Projektes an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) skizziert. Ich finde, wie gesagt, dass dort schon sehr viel bewegt worden ist – Proteste gegen die unzureichende Bettenversorgung, das »Pflegenetzwerk« usw. –, auch wenn dies vielleicht öffentlich nicht so auffällig propagiert wurde. Aber es ist natürlich auch ein etwas untypisches Beispiel, denn die Krankenhäuser sind als nach wie vor relativ abgegrenzte und zentralistisch organisierte Orte zwar auch von Prekarisierung geprägt, aber dennoch anders als zum Beispiel im Falle der GebäudereinigerInnen.
Eine von vielen interessanten Fragen, mit denen man sich weiter beschäftigen sollte, ist vielleicht, wie solche Ansätze einer Alltagspolitik in einer fragmentierten und zersplitterten Arbeitssituation funktionieren könnten. So etwas funktioniert natürlich nicht als perpetuum mobile, es muss immer wieder angestoßen werden. Was ich etwa anhand der Organisierung in der Gebäudereingung an der Hamburger Uni beschrieben habe, zeigt, dass eine Zusammenarbeit zwischen dem Innen (KollegInnen) und dem Außen (UnterstützerInnen, soziale AktivistInnen, Organizern) überall sehr wichtig ist, um handlungs- und arbeitskampffähig zu werden.
Bart van der Steen: Lieber Peter, Danke für dieses Gespräch.
* Bart van der Steen ist Doktorand am European University Institute in Florenz.
Kontakt: bart.vandersteen@gmail.comDiese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst
Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 7/10