Unter dem Titel „Arbeitskämpfe in Spanien“ ist Miguel von der andalusischen Gewerkschaft SAT am Dienstag, den 28. August, eingeladen worden und berichtet über radikale Aktionen wie die „Aneigung von Lebensmitteln“ in großen Supermarktketten (siehe Bericht auf diesem Blog) und deren Verteilung an Arme.
28. August 2012 (Dienstag), 20 Uhr, Medien-Galerie, Dudenstraße 10, 10965 Berlin
Netto-Markendiscount: Widerstand der Beschäftigten
Seit langem wird die Tochter der EDEKA-Gruppe, Netto Markendiscount (nicht zu verwechseln mit NETTO Dansk), für Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen kritisiert. Seit einiger Zeit regt sich nun Widerstand unter den Beschäftigten. Im Raum Göttingen (Niedersachsen) haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Unterstützung der dortigen ver.di-Strukturen etwa das erste Mal bei Lebensmitteldiscountern Vertrauensleute gewählt.
Kernpunkte der Kritik sind dabei die Schikanierung der ehemalig bei PLUS angestellten Beschäftigen, die Netto wegen der relativ guten Verträge ein Dorn im Auge sind. Aber auch grundsätzlich ist der Umgang des Discounters mit seinen Mitarbeitern alles andere als angemessen. Massenweise Minijobs, grundsätzlich unbezahlte Überstunden, niedrigste Stundenlöhne, Kettenverlängerungen der Verträge und ein immer stärker werdender Druck sind nicht nur im Raum Göttingen „Markenzeichen“ des so genannten „Markendiscounts“. Darüber hinaus nutzt Netto auch immer mehr die Auszubildenden aus, deren hohe Anzahl natürlich für die Veranwortung des Unternehmens für die Gesellschaft stehen soll. Viele Fälle sind bekannt geworden, bei denen beispielsweise Azubis aus dem 1. Lehrjahr bereits die Filialleitung übertragen bekommen haben, damit das Geld für einen Filialleiter gespart wird.
Nachdem sich im Raum Göttingen nun größere Teile der Belegschaft organisiert haben geht Netto auch gegen das gewerkschaftliche Engagement vor – natürlich ohne das offen zuzugeben. In einem Interview mit der jungen Welt (jW) erklärte die in Göttingen in dieser Kampagne aktive ver.di-Sekretärin Katharina Wesenick zur Leugnung der Binderung von Gewerkschaftsarbeit durch Netto: „Das ist eine Farce. Netto muß das nach Außen so darstellen, sonst wäre es ein krimineller Akt. Denn gewerkschaftliche Organisation ist vom Grundgesetz garantiert. Wir haben aber andere Hinweise. Wir wissen von einem Pächter, daß Netto bei einer Filiale durch die frühzeitige Kündigung der Verträge 100000 Euro verloren hat. Zudem wissen wir, daß es aus dem Management klare Drohungen gab. Den Beschäftigten wurde intern gesagt, die Schließungen seien wegen ihrer Gewerkschaftsaktivitäten erfolgt. Es ging darum, ein Widerstandsnest »auszurotten«.“. Erst am 23. August erschwerten Netto und der sehr arbeitgeberfreundliche Betriebsrat die Teilnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einer von ver.di beantragten Betriebsversammlung.
Auch im Berliner Raum verfügt Netto über etliche Filalen: Vom Logistikzentrum Berlin aus werden mehr als 300 Niederlassungen in der Bundeshauptstadt und Mecklenburg-Vorpommern beliefert.
* Internetseite der ver.di-Kampagne „Neulich bei Netto“ für Beschäftigte und Kunden
* Interview in der jungen Welt (jW) vom 15. August 2012 mit ver.di-Sekretärin Katharina Wesenick: „Die Politik hält sich raus“
Solidarität mit direkter Aktion der Gewerkschaft SAT
Die Gewerkschaft SAT (Sindicato Andaluz de Trabajadores) hat am 7. August 2012 in zwei Supermärkten in Sevilla und Cádiz Lebensmittel ohne zu bezahlen mitgenommen, um sie einer sozialen Organisation zu geben, die diese dann an Menschen verteilt, die die Lebensmittel benötigen. Die Gewerkschafter haben zehn Einkaufswagen mit Lebensmitteln wie Öl, Zucker, Milch und Gemüse gefüllt. Der spanische Innenminister fordert die Verhaftung der GewerkschaftsaktivistInnen. Die baskische Gewerkschaft LAB hat ihre Solidarität mit der Aktion bekundet. Zwei Gwerkschafter wurden wegen ihrer Teilnahme an der Aktion festgenommen, sie sind aber unter Auflagen wieder freigelassen worden. Diego Cañamero der Generalsekretär der Andalusischen Arbeitergewerkschaft (SAT) sagte ineinem Interview mit der jungen welt: „Indem die Herrschenden uns bestrafen, wollen sie die Bevölkerung einschüchtern, damit sie nicht rebelliert. Wenn eine Aktion wie unsere sich massenhaft in allen Provinzen, in allen Supermärkten wiederholen würde, hätten sie ein echtes Problem. Das wollen sie rechtzeitig stoppen. Es kann aber nicht sein, daß es in Spanien Menschen gibt, die nichts zu essen haben. Darauf wollten wir mit der Protestaktion aufmerksam machen.“
Interview mit Diego Cañamero in der jungen welt